Globaler Kampf gegen den Verlust der Böden: IASS und Partner läuten das Internationale Jahr des Bodens ein
12.12.2014
„Ressourcen müssen zusammen – also im Nexus – gedacht und behandelt werden. Wenn wir über Böden sprechen, sprechen wir auch über Wasser und Energie. Nur so kann die Bedeutung von Böden stärker ins Bewusstsein der Politik und Öffentlichkeit gerückt werden.“ Dies betonte IASS-Exekutivdirektor Klaus Töpfer bei der Auftaktveranstaltung zum Internationalen Jahr des Bodens 2015 am 5. Dezember. Mit einer „integrierten Herangehensweise“ müsse Deutschland die anhaltende Bodendegradierung weltweit bekämpfen, forderte er im Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit. Das Ministerium hatte gemeinsam mit dem IASS, dem Umweltbundesamt und der Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit Vertreter aus Politik, Wissenschaft und Gesellschaft zu der Diskussionsveranstaltung eingeladen. Der 5. Dezember war zugleich der erste Internationale Tag des Bodens.
Im Zentrum stand die globale Verantwortung Deutschlands im Umgang mit Böden angesichts der deutschen Lebensmittel-, Futtermittel- und Rohstoffimporte. Was tut Deutschland bereits, um dieser Verantwortung gerecht zu werden, und wo muss es stärker aktiv werden? Rita Schwarzelühr-Sutter, Parlamentarische Staatssekretärin im Bundesumweltministerium, appellierte an alle relevanten Akteure, das Jahr des Bodens zum Anlass für ein verstärktes Engagement im internationalen Bodenschutz zu nehmen. Aus Sicht der Landwirte sei der enorme Flächenverbrauch in Deutschland das größte Problem, sagte Bernhard Krüsken, Generalsekretär des Deutschen Bauernverbandes. Täglich gingen 70 Hektar Fläche durch Versiegelung verloren, darunter auch fruchtbarer Boden für den Nahrungsmittelanbau. Eine produktive und effiziente Landnutzung in Deutschland und Europa sei jedoch notwendig, um den so genannten virtuellen Landimport zu reduzieren. Virtuelle Landimporte stellen Flächen dar, die außerhalb Deutschlands benötigt werden, um Importgüter für Deutschland zu erzeugen. Zum Beispiel Ackerland, das in Brasilien genutzt wird, um Soja für die deutsche Viehwirtschaft zu erzeugen. „Solange die Agrar- und Umweltpolitik in Deutschland und der EU der landwirtschaftlichen Nutzung Flächen entzieht oder die Flächenproduktivität senkt, vergrößert sich dieser virtuelle Flächenimport. Zur internationalen Verantwortung Deutschlands gehört es demnach auch, im eigenen Land eine nachhaltige, produktive und effiziente Flächennutzung zu erhalten“, betonte Krüsken.
Welche komplexen Gefüge hinter dem Phänomen des virtuellen Landimportes stecken, erläuterte Nicole Grunewald von dem Thinktank Global Footprint Network: „Die deutsche Nachfrage nach land- und forstwirtschaftlichen Produkten führt mittlerweile dazu, dass 33 Prozent der dafür notwendigen Anbaufläche außerhalb unserer Grenzen liegen. Die damit verbundenen Landdegradierungsprobleme, verlagern wir gleich mit und interessieren uns oft kaum für die Situation in den betroffenen Drittländern.“ Einen verantwortungsvollen Konsum forderte Carolin Callenius von Brot für die Welt, die das Problem des Landraubs durch ausländische Agrarriesen darstellte und die sozioökonomische Dimension der globalen Auswirkungen von Deutschlands Bodennutzung hervorhob. Oft müssten regionale Landwirte in den betroffenen Gebieten weichen und verlören ihre Ernährungs- und Lebensgrundlage. Armut und Hunger würden dadurch verschärft.
„Durch den Fokus der Europäischen Union auf Subventionen werden solche Vorgehensweisen sogar indirekt befördert“ erläuterte Reinhild Benning vom Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland. Der Blick auf die europäische Politik löse insbesondere im Bereich der gescheiterten EU-Bodenrahmenrichtlinie rege Diskussionen aus. Am 21. Mai hatte die Europäische Kommission alle Entwürfe und Vorschläge zu dieser Bodenschutzrichtlinie zurückgezogen, weil sich die Mitgliedsstaaten nicht auf Regelungen einigen konnten. Einen positiven Nebeneffekt habe diese große Niederlage jedoch, sagte der Generaldirektor Karl Falkenberg, Generaldirektor der Generaldirektion Umwelt der EU-Kommission: „Das Bodenthema hat in Deutschland und in der EU wieder Fahrtwind aufgenommen.“ Reinhard Kaiser, Leiter der Unterabteilung "Ressourceneffizienz, Bodenschutz" im Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit (BMUB), wurde diesbezüglich sehr deutlich und forderte: „Deutschland muss die Blockade einer EU-Bodenrahmenrichtlinie aufgeben.“ Global zeige Deutschland jedoch bereits einiges Engagement im Bodenschutz. So will etwa die Sonderinitiative „EINEWELT ohne Hunger“ des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung einen signifikanten Beitrag für eine Verbesserung der globalen Ernährungssituation leisten – mit den wichtigen Handlungsfeldern Schutz und Rehabilitierung von landwirtschaftlich genutzten Böden.
Mit der Global Soil Week, die das nächste Mal vom 19. bis 23. April 2015 stattfindet, bietet das IASS eine Dialogplattform an, die nicht nur Möglichkeiten für Austausch und Kontroverse zwischen den verschiedenen Akteuren aus Politik, Gesellschaft und Wissenschaft bietet, sondern auch einen Rahmen für langfristige Kooperation zu den unterschiedlichen Themenfeldern schaffen möchte. Der Bezug zu internationalen Prozessen steht bei der Global Soil Week im Vordergrund. Grenzen- und sektorenübergreifende Zusammenarbeit ist bei einem Querschnittsthema wie Boden und Land zentral, darin waren sich die Teilnehmer der Eröffnungsveranstalter einig.
Photo: (c) Leonardo Agular
12.12.2014